Verfahrensinformation



Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Prüfer für die Prüfung von Triebfahrzeugführern in den Teilbereichen "fahrzeugbezogene Fachkenntnisse" und "infrastrukturbezogene Fachkenntnisse".


Er ist Diplom-Ingenieur (FH) und seit vielen Jahren als geprüfter Eisenbahnbetriebsleiter tätig. Befristet bis zum 19. November 2019 war er als Prüfer sowohl in dem Teilbereich "allgemeine Fachkenntnisse" als auch in den Teilbereichen "fahrzeugbezogene Fachkenntnisse" und "infrastrukturbezogene Fachkenntnisse" anerkannt. Seinem Verlängerungsantrag gab die Beklagte für den Teilbereich "allgemeine Fachkenntnisse" statt. Für die anderen Teilbereiche lehnte sie die Verlängerung ab, weil der Kläger selbst keine Fahrerlaubnis für Triebfahrzeuge besitze. Diese sei für die Abnahme der in diesen Teilbereichen erfolgenden theoretischen und praktischen Prüfungen erforderlich.


Das Verwaltungsgericht hat der dagegen gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger auch für diese Teilbereiche als Prüfer anzuerkennen. Die Triebfahrzeugführerscheinverordnung regele die Anerkennung abschließend und fordere eine Fahrerlaubnis nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Die Notwendigkeit, über eine gültige Fahrerlaubnis zu verfügen, ergebe sich aus dem Beschluss der Kommission vom 22. November 2012 (2011/765/EU) zu den Kriterien der Anerkennung von Triebfahrzeugführer-Prüfern. Hieran sei die Beklagte gebunden. Mit der im Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.


Urteil vom 22.05.2025 -
BVerwG 3 C 12.23ECLI:DE:BVerwG:2025:220525U3C12.23.0

Anerkennung von Prüfern für Triebfahrzeugführerscheine

Leitsatz:

Ein Triebfahrzeugführerschein, eine Zusatzbescheinigung und eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer sind nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 der Triebfahrzeugführerscheinverordnung nur für die Anerkennung als Prüfer der praktischen und nicht auch der theoretischen Prüfung der Zusatzbescheinigung erforderlich.

  • Rechtsquellen
    AEUV Art. 263 Abs. 2, Art. 267, 288 Abs. 4, Art. 289 Abs. 1 bis 3, Art. 290 Abs. 1, Art. 296 Abs. 2, Art. 297 Abs. 2
    EGV Art. 202 Spiegelstrich 3
    AEG §§ 7d, 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 Satz 1
    TfV § 3 Abs. 1, § 5 Abs. 1 und 2, § 7 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 Satz 1, 3 bis 5, §§ 8, 9, 14a Abs. 2, § 15 Abs. 2 Nr. 6, § 15a Abs. 2
    RL 2007/59/EG Art. 19 Abs. 1 Buchst. d, Art. 20 Abs. 1 und 2, Art. 25 Abs. 2 bis 6, Art. 23, Art. 32 Abs. 3
    Beschluss 2011/765/EU Art. 2 Buchst. a, Art. 8 Abs. 2
    Empfehlung 2011/766/EU Nr. 30
    Beschluss 1999/468/EG Art. 5a, Art. 7 und 8.
    VO (EU) Nr. 182/2011 Art. 12 Abs. 2, Art. 13 Abs. 1 Buchst. e

  • VG Köln - 16.12.2021 - AZ: 18 K 3771/20
    OVG Münster - 23.08.2023 - AZ: 11 A 270/22

  • Zitiervorschlag

    BVerwG, Urteil vom 22.05.2025 - 3 C 12.23 - [ECLI:DE:BVerwG:2025:220525U3C12.23.0]

Urteil

BVerwG 3 C 12.23

  • VG Köln - 16.12.2021 - AZ: 18 K 3771/20
  • OVG Münster - 23.08.2023 - AZ: 11 A 270/22

In der Verwaltungsstreitsache hat der 3. Senat des Bundesverwaltungsgerichts auf die mündliche Verhandlung vom 22. Mai 2025 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Philipp, die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Dr. Kuhlmann, die Richter am Bundesverwaltungsgericht Rothfuß und Dr. Sinner und die Richterin am Bundesverwaltungsgericht Hellmann für Recht erkannt:

  1. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen vom 23. August 2023 wird geändert.
  2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Kläger als Prüfer für die theoretischen Prüfungen der Zusatzbescheinigung (Teilbereiche fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse) anzuerkennen.
  3. Im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
  4. Die Kosten des Verfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Gründe

I

1 Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Prüfer für die Erteilung von Zusatzbescheinigungen zum Führerschein für Triebfahrzeuge.

2 Er ist Diplom-Ingenieur (FH) und seit vielen Jahren als geprüfter Eisenbahnbetriebsleiter sowie als Prüfer bei einer Prüforganisation tätig. Über einen Triebfahrzeugführerschein verfügt er nicht. Mit Bescheid vom 20. November 2014 war der Kläger befristet bis November 2019 als Prüfer sowohl für den Triebfahrzeugführerschein (Teilbereich "allgemeine Fachkenntnisse") als auch für Zusatzbescheinigungen (Teilbereiche "fahrzeugbezogene Fachkenntnisse" und "infrastrukturbezogene Fachkenntnisse") anerkannt. Im September 2019 beantragte er die Verlängerung seiner Anerkennung. Dem Antrag gab die Beklagte mit Bescheid vom 20. Februar 2020 für den Triebfahrzeugführerschein statt. Für die Zusatzbescheinigungen lehnte sie die Verlängerung ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Juni 2020 zurück. Ein Prüfer müsse nicht nur die Voraussetzungen der Triebfahrzeugführerscheinverordnung (TfV) erfüllen, sondern auch die Anforderungen aus dem Beschluss 2011/765/EU der Kommission vom 22. November 2011 zu den Kriterien der Anerkennung von Triebfahrzeugführer-Prüfern. Gemäß Art. 8 Abs. 2 des Beschlusses müsse ein Prüfer der praktischen Prüfung an Bord von Zügen Inhaber einer gültigen Fahrerlaubnis sein und über eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer verfügen.

3 Das Verwaltungsgericht hat der dagegen gerichteten Klage mit Urteil vom 16. Dezember 2021 stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, den Kläger auch für Zusatzbescheinigungen - die Teilbereiche "fahrzeugbezogene Fachkenntnisse" und "infrastrukturbezogene Fachkenntnisse" – als Prüfer anzuerkennen. Die Triebfahrzeugführerscheinverordnung regele die Anerkennung abschließend und fordere hierfür keine Fahrberechtigung.

4 Das Oberverwaltungsgericht hat das Urteil geändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle die Voraussetzungen für die Anerkennung als Prüfer für die Zusatzbescheinigungen nicht. Die Anerkennung setze einen Triebfahrzeugführerschein und eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer voraus. Das ergebe sich aus Art. 8 Abs. 2 des Beschlusses 2011/765/EU, der gemäß Art. 288 Abs. 4 Satz 1 AEUV verbindlich sei. Er richte sich an die Mitgliedstaaten und binde deren Behörden. Folglich dürfe die Beklagte den Kläger nur anerkennen, wenn seine Voraussetzungen erfüllt seien. Der Beschluss sei wirksam. Er beruhe auf der Ermächtigung des Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2007/59/EG und beachte die Vorgaben zum Erlass von Rechtsakten durch die Kommission. Die Ermächtigung beschränke sich nicht auf Kriterien für die Auswahl von Prüfern in einem Prüfungsverfahren, sondern lasse die Festlegung von Kriterien für die Anerkennung von Prüfern zu. Entsprechend regele der Beschluss 2011/765/EU Voraussetzungen für die Anerkennung von Prüfern. Da eine Anerkennung als Prüfer für einen Teilbereich der Zusatzbescheinigung nur insgesamt beantragt werden könne, komme eine Anerkennung beschränkt auf die theoretische Prüfung nicht in Betracht.

5 Zur Begründung der im Urteil des Oberverwaltungsgerichts zugelassenen Revision macht der Kläger im Wesentlichen geltend:

6 Ein Triebfahrzeugführerschein sei weder nach nationalem Recht noch nach Unionsrecht Voraussetzung für die Anerkennung als Prüfer. Der Beschluss 2011/765/EU entfalte keine unmittelbare Wirkung und sei mit Unionsrecht nicht vereinbar. Er lasse sich nicht auf Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG stützen, beschränke sich nicht auf nicht-wesentliche Bestimmungen und sei auch formell nicht rechtmäßig erlassen worden. Art. 20 RL 2007/59/EG definiere die Anforderungen an Prüfer abschließend. Selbst dann, wenn Art. 8 Abs. 2 des Beschlusses 2011/765/EU zu beachten sei, stehe er der Anerkennung nicht entgegen. Die Regelung betreffe nur die Auswahl von Prüfern und nicht deren Anerkennung. Zudem regele sie lediglich Anforderungen an die Prüfer der praktischen Prüfung an Bord von Zügen. Das lasse jedenfalls eine auf die theoretischen Prüfungen beschränkte Anerkennung zu. Ausgehend von der Unwirksamkeit des Beschlusses 2011/765/EU sei er bereits aufgrund seiner Befähigung und Tätigkeit als Eisenbahnbetriebsleiter als Prüfer anzuerkennen. Aus § 7d Satz 2 AEG ergebe sich, dass Eisenbahnbetriebsleiter als sachkundig im Sinne der Richtlinie 2007/59/EG anzusehen seien. Die zwischenzeitlich erlassene Vorschrift des § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV sei mit dieser gesetzlichen Bestimmung nicht vereinbar und deshalb unwirksam. Darüber hinaus habe sich die Beklagte mit seiner Anerkennung in dem Bescheid vom 20. November 2014 und anderen Anerkennungen selbst gebunden.

7 Die Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Mit der Verordnung zur Änderung von Vorschriften zum Triebfahrzeugführerschein vom 30. November 2023 sei die Triebfahrzeugführerscheinverordnung zwischenzeitlich an den Beschluss 2011/765/EU angepasst worden. Er sei rechtskonform erlassen worden und greife über die Ermächtigung des Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG sowie nicht-wesentliche Bestimmungen nicht hinaus. Die Richtlinie enthalte keine abschließende Regelung. Eine Anerkennung des Klägers als Prüfer für die theoretischen Prüfungsteile sei nicht möglich. Das Anerkennungserfordernis diene unter anderem der Gewährleistung, dass der Prüfer mit der Prüfungsmaterie hinreichend vertraut und in der Lage sei, Prüfungsfragen orientiert an dem individuellen Prüfungsgegenstand zu erarbeiten und zu stellen. Der Beschluss wolle ein einheitliches Kompetenzniveau der Prüfer für die jeweiligen Teilbereiche gewährleisten, was durch die Empfehlung der Kommission vom 22. November 2011 (2011/766/EU) bestätigt werde. Ein Eisenbahnbetriebsleiter ohne Triebfahrzeugführerschein habe nicht die erforderliche Kompetenz, da er kein Triebfahrzeug führen dürfe.

II

8 Die zulässige Revision des Klägers ist teilweise begründet. Das Oberverwaltungsgericht ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger nicht als Prüfer der praktischen Prüfung für Zusatzbescheinigungen in den Teilbereichen fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse anerkannt werden kann. Die Revision ist daher insoweit zurückzuweisen (§ 144 Abs. 2 VwGO). Mit der Annahme, damit sei auch die Anerkennung als Prüfer der theoretischen Prüfungen ausgeschlossen, beruht das Urteil hingegen auf einer Verletzung von Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Ablehnung der Anerkennung ist insoweit rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Die Beklagte ist zu verpflichten, ihn als Prüfer für die theoretischen Prüfungen der Zusatzbescheinigung (Teilbereiche fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse) anzuerkennen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

9 1. Maßgeblich für die Beurteilung des geltend gemachten Anspruchs auf Anerkennung als Prüfer ist die Rechtslage zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Zur Anwendung kommen damit die Regelungen, die auch das Berufungsgericht zugrunde zu legen hätte, wenn es zum Zeitpunkt des revisionsgerichtlichen Urteils entschiede (stRspr, vgl. BVerwG, Urteil vom 14. Dezember 2023 - 3 C 10.22 - BVerwGE 181, 158 Rn. 11). Auszugehen ist daher von der Triebfahrzeugführerscheinverordnung - TfV - vom 29. April 2011 (BGBl. I S. 705, 1010) in der Fassung der Verordnung zur Änderung von Vorschriften zum Triebfahrzeugführerschein vom 30. November 2023 (BGBl. I Nr. 345), die am 1. Januar 2024 in Kraft getreten ist.

10 2. Der Anerkennung des Klägers als Prüfer der praktischen Prüfung für Zusatzbescheinigungen in den Teilbereichen fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse steht § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV entgegen.

11 a) Die Berechtigung, ein Triebfahrzeug, d. h. ein Eisenbahnfahrzeug mit eigenem Antrieb (§ 2 Nr. 2 TfV), eigenständig zu führen, ist durch einen Triebfahrzeugführerschein und eine Zusatzbescheinigung nachzuweisen (§ 3 Abs. 1 TfV). Der Triebfahrzeugführerschein wird von der zuständigen Behörde erteilt (§ 5 Abs. 1, § 8 TfV), die Zusatzbescheinigung von dem Unternehmen ausgestellt, das den Triebfahrzeugführer verantwortlich einsetzt (§ 2 Nr. 3, § 5 Abs. 2, § 9 TfV). Die Erteilung eines Triebfahrzeugführerscheins setzt unter anderem voraus, dass der Bewerber seine allgemeinen Fachkenntnisse im Rahmen einer Prüfung nachgewiesen hat (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 TfV). Die Ausstellung einer Zusatzbescheinigung setzt neben einem Triebfahrzeugführerschein das Bestehen weiterer Prüfungen voraus. Zum einen muss der Triebfahrzeugführer seine Kenntnisse und seine Befähigung zum Führen der betreffenden Fahrzeuge nachgewiesen haben. Gegenstand dieser Prüfung sind mindestens die in Anlage 6 TfV aufgeführten fahrzeugbezogenen Fachkenntnisse (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 TfV). Zum anderen muss der Triebfahrzeugführer eine Prüfung seiner Kenntnisse über die Betriebsverfahren, Zugbeeinflussungssysteme und Signalsysteme derjenigen Infrastrukturen bestehen, für die die Befähigung in der Zusatzbescheinigung angestrebt wird. Gegenstand der Prüfung sind insoweit mindestens die in Anlage 7 TfV aufgeführten infrastrukturbezogenen Fachkenntnisse (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Satz 3 TfV). Die Prüfungen für die Zusatzbescheinigung bestehen jeweils aus einer theoretischen Prüfung mit einem schriftlichen und mündlichen Teil sowie einer praktischen Prüfung mit einer Prüfungsfahrt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 TfV). Die Prüfungen zur Kontrolle der geforderten Befähigungen werden von einer anerkannten Stelle oder einem anerkannten Prüfer vorgenommen und können durch einen oder mehrere Prüfer abgenommen werden (§ 7 Abs. 3 Satz 1 und 3 TfV).

12 b) § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV in der Fassung der Verordnung zur Änderung von Vorschriften zum Triebfahrzeugführerschein vom 30. November 2023 beruht auf der Ermächtigung des § 26 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Buchst. a i. V. m. Abs. 3 Satz 3 und Abs. 5 Satz 1 des Allgemeinen Eisenbahngesetzes - AEG - vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 2396; 1994 I S. 2439) in der für den insoweit maßgeblichen Zeitpunkt zuletzt geänderten Fassung vom 26. Juli 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 205). Danach war das Bundesministerium für Digitales und Verkehr im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung mit Zustimmung des Bundesrates ermächtigt, Rechtsverordnungen über die Anforderungen an die Befähigung und Eignung des Eisenbahnbetriebspersonals, dessen Ausbildung und Prüfung, einschließlich der Anerkennung von Prüfern zu erlassen.

13 Gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV setzt die Anerkennung als Prüfer der praktischen Fachkenntnisse den Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins und einer Zusatzbescheinigung sowie eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer von mindestens vierjähriger Dauer innerhalb der letzten fünf Jahre vor Antragstellung voraus. Die Triebfahrzeugführerscheinverordnung in ihrer zuvor geltenden Fassung enthielt diese Voraussetzung nicht. Mit der Verordnungsänderung beabsichtigte der Gesetzgeber, die geltenden Bestimmungen anzupassen an den Beschluss 2011/765/EU der Kommission vom 22. November 2011 zu den Kriterien der Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen, die an der Ausbildung von Triebfahrzeugführern beteiligt sind, den Kriterien der Anerkennung von Triebfahrzeugführer-Prüfern und den Kriterien für die Organisation von Prüfungen gemäß der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 314 S. 36). Konkret zielt § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV auf eine Anpassung an Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 1 und 2 Beschluss 2011/765/EU (vgl. BR-Drs. 238/23 S. 28 und 56).

14 Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 Beschluss 2011/765/EU sieht bezüglich der praktischen Prüfung an Bord von Zügen vor, dass der Antragsteller Inhaber sowohl einer gültigen Fahrerlaubnis und einer gültigen Bescheinigung sein muss, die den Gegenstand der Prüfung oder Strecken/​Rollmaterial ähnlicher Art abdeckt. Zudem muss er über eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer von mindestens vierjähriger Dauer innerhalb eines Zeitraumes von nicht mehr als fünf Jahren vor dem Antragsdatum verfügen (Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 2 Beschluss 2011/765/EU).

15 § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV bildet diese Regelung ab. Sie gilt entsprechend ihrem Zweck für die praktische Prüfung, die für den Erwerb einer Zusatzbescheinigung erforderlich ist. Mit der Formulierung der Geltung für "Prüfer der praktischen Fachkenntnisse" hat die Verordnung zwar nicht den Wortlaut von Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 1 Beschluss 2011/765/EU übernommen. Vielmehr hat sie von dem in der alten Fassung der Triebfahrzeugführerscheinverordnung enthaltenen Begriffspaar "Prüfer der theoretischen und praktischen Fachkenntnisse" (§ 15 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 Buchst. d TfV a. F.) den zweiten Teil übernommen. Das bringt jedoch ebenso eine Abgrenzung zwischen theoretischer und praktischer Prüfung zum Ausdruck. Parallel spricht § 7 Abs. 3 Satz 6 TfV davon, dass zur Abnahme der praktischen Prüfung der Prüfer - bei mehreren Prüfern mindestens einer der Prüfer - die erforderliche Fahrberechtigung besitzen müsse. Für eine anderweitige, darüber hinausgehende Geltung der Regelung des § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV findet sich begrifflich und auch im Übrigen kein Anhaltspunkt.

16 Da der Kläger nicht im Besitz eines Triebfahrzeugführerscheins ist, scheidet seine Anerkennung als Prüfer der praktischen Prüfung für Zusatzbescheinigungen in den Teilbereichen fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse gemäß § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV aus.

17 Vor dem Hintergrund dieser neuen nationalen Regelung bedarf die Frage, ob der Beschluss 2011/765/EU mit den Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts als allgemeiner Rechtsakt, der eine Richtlinie ergänzt und an die Mitgliedstaaten gerichtet ist, ohne Umsetzung gegenüber dem Kläger Wirkung entfaltet, keiner Beantwortung mehr (vgl. zu dem Problemkreis: EuGH, Schlussanträge vom 29. März 2007 - C-80/06 [ECLI:​​EU:​​C:​​2007:​​200], Carp - Rn. 49 ff.).

18 c) Entgegen den Ausführungen des Klägers stellt § 7d Satz 2 AEG die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV mit höherrangigem Recht nicht in Frage.

19 § 7d Satz 1 Nr. 2 AEG bestimmt, dass derjenige, der Prüfungen für die Erteilung des Triebfahrzeugführerscheins oder der Zusatzbescheinigung durchführt, der Anerkennung durch die zuständige Behörde nach der Triebfahrzeugführerscheinverordnung bedarf. Die Regelung wurde mit dem Sechsten Gesetz zur Änderung eisenbahnrechtlicher Vorschriften vom 30. Juli 2009 (BGBl. I S. 2497) in das Gesetz eingefügt. Von diesem Anerkennungserfordernis sieht § 7d Satz 2 AEG jedoch eine Ausnahme vor. Ausgenommen sind Eisenbahnen (§ 2 Abs. 1 AEG), die Schulungseinrichtungen betreiben, unter anderem dann, wenn sie einen Eisenbahnbetriebsleiter bestellt haben, dessen Bestellung bestätigt ist. Führt eine solche Eisenbahn Prüfungen im Sinne von § 7d Satz 1 Nr. 2 AEG durch, so bedarf sie dafür keiner Anerkennung. Das hat nach dem Wortlaut zur Folge, dass unter anderem die für Prüfer geltenden Anerkennungsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV, deren Erfüllung eine der Anerkennung bedürfende Prüfstelle gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 3 TfV sicherzustellen hat, für Prüfer einer nicht der Anerkennung bedürfenden Eisenbahn mit einem bestätigten Eisenbahnbetriebsleiter jedenfalls nicht ohne Weiteres Geltung beanspruchen. Der Gesetzgeber ging zu der vorausgehenden Gesetzesfassung davon aus, dass bereits die Befähigung des bestellten und bestätigten Eisenbahnbetriebsleiters Gewähr für die Einhaltung der gestellten Anforderungen biete (BT-Drs. 16/4169 S. 22). Eine möglicherweise ungerechtfertigte Ungleichbehandlung des Klägers, der als Eisenbahnbetriebsleiter für seine Person als Prüfer anerkannt werden möchte, gegenüber dem Eisenbahnbetriebsleiter einer Eisenbahn, die nach § 7d Satz 2 AEG für die Durchführung der Prüfungen nicht der Anerkennung bedarf, ist jedenfalls durch das geltende Unionsrecht ausgeschlossen. Es fordert von allen Prüfern der praktischen Prüfung ausnahmslos einen Triebfahrzeugführerschein und eine Zusatzbescheinigung (Art. 8 Abs. 2 Unterabs. 1 Beschluss 2011/765/EU). Soweit § 7d Satz 2 AEG zulassen sollte, dass Prüfungen von Prüfern vorgenommen werden, die den Anforderungen des Beschlusses 2011/765/EU nicht entsprechen, ist die Vorschrift mit Unionsrecht nicht vereinbar. Der Kläger könnte sich gegenüber der Geltung von § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV nicht auf § 7d Satz 2 AEG berufen. Ein Anspruch auf Gleichbehandlung mit einer mit Unionsrecht unvereinbaren nationalen Vorschrift und damit eine Gleichbehandlung im Unrecht besteht nicht. Derselbe Grundsatz steht auch dem Einwand entgegen, die Beklagte habe sich mit ihrer früheren Praxis der Anerkennung gebunden.

20 d) Allerdings erhebt der Kläger gegenüber dem Unionsrecht, insbesondere gegen die Wirksamkeit von Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU Einwendungen. Diese sind jedoch nicht begründet.

21 Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU regelt Voraussetzungen der Anerkennung als Prüfer der praktischen Prüfung. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, ergibt sich dies entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts ohne Weiteres aus dem Wortlaut des Beschlusses 2011/765/EU. Er ist dazu bestimmt, unter anderem Kriterien für die Anerkennung von Prüfern von Triebfahrzeugführern und Triebfahrzeugführer-Kandidaten festzulegen (Art. 1 Abs. 1 Beschluss 2011/765/EU). Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU benennt Voraussetzungen, die ein Antragsteller bezüglich der praktischen Prüfung erfüllen muss. Antragsteller ist nach der Legaldefinition in Art. 2 Buchst. a Beschluss 2011/765/EU eine Person, die die Anerkennung als Prüfer beantragt.

22 aa) Die Regelung von Anerkennungsvoraussetzungen in Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU hält sich im Rahmen der Ermächtigungsgrundlage des Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2007 über die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern, die Lokomotiven und Züge im Eisenbahnsystem in der Gemeinschaft führen (ABl. L 315 S. 51), auf die der Beschluss in seiner Präambel Bezug nimmt.

23 (1) Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat, ermächtigt Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG zur Festlegung von Kriterien, die für die Anerkennung als Prüfer Voraussetzung sind. Vernünftige Zweifel im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verbleiben hieran nicht. Einer Vorabentscheidung gemäß Art. 267 Abs. 3 AEUV bedarf es daher nicht (vgl. EuGH, Urteile vom 6. Oktober 1982 - C-283/81 [ECLI:​​EU:​​C:​​1982:​​335], CILFIT - Rn. 16 ff. und vom 6. Oktober 2021 - C-561/19 [ECLI:​​EU:​​C:​​2021:​​799], Consorzio Italian Management e Catania Multiservizi - Rn. 39 ff.).

24 Art. 25 Abs. 2 und 3 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 und 2 RL 2007/59/EG bestimmt, dass die Prüfungen für den Triebfahrzeugführerschein (Fahrerlaubnis) und die Zusatzbescheinigung (Bescheinigung) von zugelassenen beziehungsweise anerkannten Prüfern vorgenommen werden. Für die Auswahl der Prüfer und Prüfungen sieht Art. 25 Abs. 5 Satz 1 und 2 RL 2007/59/EG vor, dass auf der Grundlage eines von der Europäischen Eisenbahnagentur ausgearbeiteten Entwurfs gemeinschaftliche Kriterien zugrunde gelegt werden können. Sie sind als Maßnahmen zur Änderung nicht wesentlicher Bestimmungen der Richtlinie durch Ergänzung gemäß dem in Artikel 32 Abs. 3 RL 2007/59/EG genannten Regelungsverfahren mit Kontrolle zu erlassen.

25 Art. 19 Abs. 1 Buchst. d RL 2007/59/EG sieht vor, dass die vom jeweiligen Mitgliedstaat hierfür bestellten zuständigen Behörden die Aufgabe der Anerkennung von Personen oder Stellen gemäß den Artikeln 23 und 25 wahrnehmen. Die Vorschrift legt damit zugrunde, dass die genannten Artikel für die Anerkennung maßgebliche Bestimmungen enthalten. Während sich Art. 23 RL 2007/59/EG auf die Ausbildung bezieht, betrifft Art. 25 RL 2007/59/EG Prüfungen. Zu diesen und den Prüfern bestimmt Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG, dass gemeinschaftliche Kriterien für die Auswahl erlassen werden können. Darin spiegelt sich Erwägungsgrund 27 der Richtlinie, der vorsieht, dass die Kommission die Befugnis erhalten sollte, die Bedingungen und Kriterien für die Umsetzung der Richtlinie aufzustellen.

26 Aus Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG folgt ohne Weiteres, dass mit den Kriterien bestimmt werden soll, wer als Prüfer tätig werden darf. Damit sind zwar auch Kriterien denkbar, die nur in einer konkreten Prüfungskonstellation bedeutsam sein können und deshalb nicht bereits der allgemein erteilten Anerkennung entgegenstehen müssen. Das gilt etwa für Kriterien zur Vermeidung von Interessenkonflikten (vgl. Art. 25 Abs. 2 RL 2007/59/EG und § 7 Abs. 3 Satz 4 und 5 TfV). Im Übrigen hat die Voraussetzung, dass Prüfer zugelassen beziehungsweise anerkannt sein müssen (Art. 25 Abs. 2 und 3 i. V. m. Art. 20 Abs. 1 und 2 RL 2007/59/EG), aber alleine den Sinn zu gewährleisten, dass nur Prüfer zum Einsatz kommen, die eine bestimmte Qualifikation haben. Das Instrument der Anerkennung entfaltet seine praktisch beste Wirkung (effet utile) aber nur, wenn die Qualifikation bereits für die Anerkennung nachzuweisen ist. Umgekehrt ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb sie erst nachgelagert, bei der Auswahl der Prüfer für die jeweiligen Prüfungen, bedeutsam werden sollte. Die Anerkennung eines Antragstellers als Prüfer auch für praktische Prüfungen, die er mangels einer Fahrerlaubnis nicht vornehmen dürfte, hätte für ihn keinen Wert. Vor diesem Hintergrund spricht nichts dafür, dass die Ermächtigung Kriterien für die Anerkennung nicht umfasst.

27 Soweit das Verwaltungsgericht demgegenüber wegen des Wortlauts des Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG (Auswahl der Prüfer) angenommen hat, die Kriterien könnten erst nachgelagert von Bedeutung sein, ist diese Folgerung bereits sprachlich nicht zwingend. Hieraus ergeben sich keine vernünftigen Zweifel an der Ermächtigung, zumal im Unionsrecht die Grenzen der Ermächtigung maßgeblich nach deren Zielen und weniger nach dem Buchstaben zu beurteilen sind (vgl. EuGH, Urteil vom 30. Oktober 1975 - 23/75, [ECLI:​​EU:​​C:​​1975:​​142] Rey Soda - Rn. 10/14). Nichts anderes gilt für den Einwand des Klägers, Art. 20 Abs. 1 und 2 RL 2007/59/EG bestimme die Kriterien der Anerkennung mit den Begriffen Unabhängigkeit, Sachverstand und Unparteilichkeit abschließend. Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, betreffen diese Vorschriften das Verfahren der Zulassung bzw. Anerkennung. Sie regeln nicht die Kriterien, die dabei hinsichtlich des erforderlichen und zu konkretisierenden Sachverstandes zu berücksichtigen sind. Einem anderen Verständnis steht bereits Art. 19 Abs. 1 Buchst. d RL 2007/59/EG entgegen.

28 (2) Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU hält sich ohne vernünftigen Zweifel auch im Rahmen der Begrenzung der Ermächtigung des Art. 25 Abs. 5 der Richtlinie 2007/59/EG auf nicht wesentliche Bestimmungen.

29 Die Beschränkung auf nicht wesentliche Bestimmungen entspricht den Grenzen der bei Erlass der Richtlinie maßgeblichen primärrechtlichen Grundlage für eine Übertragung von Rechtssetzungsbefugnissen auf die Kommission (Art. 202 Spiegelstrich 3 EGV) und findet sich zwischenzeitlich ausdrücklich in Art. 290 Abs. 1 AEUV (zu Art. 202 EGV vgl. EuGH, Urteil vom 6. Mai 2008 - C-133/06 [ECLI:​​EU:​​C:​​2008:​​257], Parlament/​Rat - Rn. 45). Wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend ausgeführt hat, sind demgegenüber als wesentlich der Rechtssetzung durch den Unionsgesetzgeber solche Regelungen vorbehalten, die die grundsätzliche Ausrichtung der Gemeinschaftspolitik betreffen und die mit Blick auf abzuwägende widerstreitende Interessen einer politischen Entscheidung bedürfen (vgl. EuGH, Urteile vom 27. Oktober 1992 - C-240/90 [ECLI:​​EU:​​C:​​1992:​​408], Deutschland/​Kommission - Rn. 37 und vom 5. September 2012 - C-355/10 [ECLI:​​EU:​​C:​​2012:​​516], Parlament/​Rat - Rn. 64 ff.).

30 Mit der Richtlinie 2007/59/EG hat der Unionsgesetzgeber Regelungen getroffen, um einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Zertifizierung von Triebfahrzeugführern zu schaffen und damit bestehende Unterschiede in den einzelstaatlichen Vorschriften zu beseitigen und den hohen Sicherheitsstandard zu erhalten (Erwägungsgründe 4, 17 und 32). Er hat dazu in den Anhängen IV bis VI der Richtlinie näher die Ausbildungsinhalte bestimmt, die Triebfahrzeugführern für den Triebfahrzeugführerschein und die Zusatzbescheinigung zu vermitteln sind (Art. 23 RL 2007/59/EG). Weiter hat er nähere Bestimmungen zu den diesbezüglich gebotenen Prüfungen getroffen und das Anerkennungserfordernis für Prüfer vorgesehen (Art. 25 Abs. 2, 3 und 6 RL 2007/59/EG). Die Prüfer müssen über die Sachkunde verfügen, die für diese Prüfungen erforderlich ist (Art. 25 Abs. 2 RL 2007/59/EG). Damit hat er die grundlegenden Vorgaben selbst getroffen und konnte die Festlegung daraus abzuleitender gemeinschaftlicher Kriterien für die Anerkennung von Prüfern einem weiteren Rechtsakt der Kommission überlassen (Art. 25 Abs. 5 RL 2007/59/EG). Der Umstand, dass dabei ein von der europäischen Eisenbahnagentur ausgearbeiteter Entwurf zugrunde zu legen war, bestätigt den fachlich technischen Charakter der delegierten Regelungen. Vor diesem Hintergrund vermag der Senat nicht zu erkennen, dass die Kommission mit den in dem Beschluss 2011/765/EU getroffenen Regelungen ihre Kompetenz zum Erlass nicht wesentlicher Bestimmungen überschritten haben könnte.

31 bb) Es bestehen auch sonst keine Zweifel an der Wirksamkeit des Beschlusses 2011/765/EU.

32 Zutreffend hat das Oberverwaltungsgericht ausgeführt, dass die Ermächtigungsgrundlage mit dem nach Art. 32 Abs. 3 RL 2007/59/EG bestimmten Regelungsverfahren auch nach dem Inkrafttreten des Vertrages von Lissabon am 1. Dezember 2009 fortgegolten hat. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Beschlusses 1999/468/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zur Festlegung der Modalitäten für die Ausübung der der Kommission übertragenen Durchführungsbefugnisse - Komitologiebeschluss - (ABl. L 184 S. 23) behielten trotz seiner Aufhebung Wirkung. Die Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 (ABl. L 55 S. 13) bestimmt, dass Art. 5a des Beschlusses (1999/468/EG) bei bestehenden Basisrechtsakten, in denen auf diesen verwiesen wird, weiterhin Wirkung behält und modifiziert mit einer Übergangsbestimmung dessen Art. 7 und 8 (Art. 12 Abs. 2 und Art. 13 Abs. 1 Buchst. e VO <EU> Nr. 182/2011).

33 Soweit der Kläger meint, der Beschluss 2011/765/EU leide an einer Verletzung wesentlicher Formvorschriften (vgl. Art. 263 Abs. 2 AEUV), weil er von einem Vizepräsidenten der Kommission unterzeichnet sei, trifft dies ebenso wenig zu wie sein Vorbringen, dem Beschluss fehle eine Begründung.

34 (1) Gemäß Art. 297 Abs. 2 AEUV sind zwar Rechtsakte ohne Gesetzescharakter, die als Verordnung, Richtlinie oder Beschluss, der an keinen bestimmten Adressaten gerichtet ist, erlassen wurden, von dem Präsidenten des Organs zu unterzeichnen, das sie erlassen hat. Auch handelt es sich bei dem vorliegenden Beschluss um einen Rechtsakt ohne Gesetzescharakter. Gesetzgebungsakte sind nur die Rechtsakte, die gemäß einem der benannten Gesetzgebungsverfahren (Art. 289 Abs. 1 und 2 AEUV) angenommen wurden (Art. 289 Abs. 3 AEUV). Der Beschluss ist aber an die Mitgliedstaaten und damit an bestimmte Adressaten gerichtet, weshalb er nicht von dem Kommissionspräsidenten zu unterzeichnen war.

35 (2) Der Beschluss enthält auch die gemäß Art. 296 Abs. 2 AEUV erforderliche Begründung. Er nennt in seiner Präambel seine Rechtsgrundlagen, erläutert mit seinen Erwägungsgründen die maßgeblichen Gesichtspunkte seines Regelungsinhalts klar und nachvollziehbar und weist darauf hin, dass die Maßnahmen der Stellungnahme des in Art. 32 Abs. 1 RL 2007/59/EG genannten Ausschusses entsprechen. Weitergehende Anforderungen ergeben sich nicht (vgl. EuGH, Urteil vom 31. Januar 2019 - C-225/17 P [ECLI:​​EU:​​C:​​2019:​​82], Islamic Republic of Iran Shipping Lines u. a. - Rn. 68 ff.).

36 Darüber hinaus ist eine Verletzung wesentlicher Formvorschriften weder dargetan noch sonst ersichtlich.

37 cc) Schließlich hat das Oberverwaltungsgericht zurecht erkannt, dass die Regelung des Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU zu den Voraussetzungen einer Anerkennung als Prüfer für die praktische Prüfung, an die nunmehr § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV angepasst ist, auch grundrechtlich nicht zweifelhaft ist. Angesichts der Bedeutung der in Rede stehenden Prüfungen für die Sicherheit des Eisenbahnverkehrs sind die Anforderungen an die Qualifikation der Prüfer gegenüber den damit verbundenen Einschränkungen einer Prüfertätigkeit verhältnismäßig.

38 3. Hingegen hat die Revision Erfolg, soweit die Beklagte dem Kläger die Anerkennung als Prüfer für die theoretischen Prüfungen der Zusatzbescheinigung (Teilbereiche fahrzeugbezogene Fachkenntnisse und infrastrukturbezogene Fachkenntnisse) versagt hat.

39 Wie ausgeführt (2. b) sind ein Triebfahrzeugführerschein, eine Zusatzbescheinigung und eine Berufspraxis als Triebfahrzeugführer nach § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV nur für die Anerkennung als Prüfer der praktischen und nicht auch der theoretischen Prüfung der Zusatzbescheinigung erforderlich. § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV setzt die Bestimmung des Art. 8 Abs. 2 Beschluss 2011/765/EU um, mit der angesichts der klaren Begrenzung zugleich zum Ausdruck gebracht ist, dass Unionsrecht für Prüfer der theoretischen Prüfung diese Anforderungen nicht stellt. Angesichts der mit § 15 Abs. 2 Nr. 6 TfV beabsichtigten Anpassung an das Unionsrecht lässt sich der Triebfahrzeugführerscheinverordnung nichts anderes entnehmen.

40 Auch die Bestimmungen über die Antragstellung stehen einer auf die theoretischen Prüfungen der Zusatzbescheinigung beschränkten Anerkennung als Prüfer nicht entgegen. Die gegenteilige Folgerung des Oberverwaltungsgerichts ist mit Bundesrecht nicht vereinbar (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die Triebfahrzeugführerscheinverordnung sieht zwar vor, dass Anträge auf Anerkennung als Prüfer entsprechend der Bestimmung für Ausbilder für die Teilbereiche allgemeine Fachkenntnisse, fahrzeugbezogene Fachkenntnisse, infrastrukturbezogene Fachkenntnisse und Sprachkenntnisse gestellt werden können (§ 15a Abs. 2 i. V. m. § 14a Abs. 2 TfV). Damit setzt sie die Richtlinie 2007/59/EG mit der dort vorgegebenen Struktur der Ausbildungsinhalte um (vgl. BR-Drs. 121/11 S. 91 f.) und entspricht der parallel zu dem Beschluss 2011/765/EU abgegebenen Empfehlung 2011/766/EU der Kommission vom 22. November 2011 über das Verfahren zur Anerkennung von Ausbildungseinrichtungen für Triebfahrzeugführer und von Triebfahrzeugführer-Prüfern gemäß der Richtlinie 2007/59/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 314 S. 41). Diese empfiehlt, im Interesse eines angemessenen und vergleichbaren Qualitätsniveaus gemeinsame Voraussetzungen und Verfahren für die Anerkennung zugrunde zu legen und in der Anerkennungserklärung die Kompetenzbereiche anzugeben, auf die sie sich bezieht (Erwägungsgrund 1 und 3). Nach Nr. 30 der Empfehlung 2011/766/EU sollen in einem Antrag auf Anerkennung als Prüfer die Kompetenzbereiche angegeben sein, für die die Anerkennung beantragt wird. Der Antrag könne sich auch auf einen oder mehrere Kompetenzbereiche beziehen und solle der Einteilung in die Kompetenzbereiche der allgemeinen Fachkenntnisse, fahrzeugbezogenen Fachkenntnisse, infrastrukturbezogenen Fachkenntnisse und Sprachkenntnisse folgen. Dieser Strukturempfehlung und ebenso der Regelung des § 15a Abs. 2 i. V. m. § 14a Abs. 2 TfV lässt sich aber nicht entnehmen, dass innerhalb der Teilbereiche keine weiteren Unterscheidungen getroffen werden könnten und entsprechend eine auf theoretische Prüfungen beschränkte Anerkennung ausgeschlossen wäre. Im Gegenteil setzt das Unionsrecht ebenso wie die Triebfahrzeugführerscheinverordnung mit der besonderen, nur für die praktische Prüfung geltenden Anforderung eine solche Möglichkeit voraus.

41 Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.